Unser sonntägliches Mittagessen war heute ein technisches Gustostückerl - im wahrsten Sinn des Wortes. Mein lieber Mann und Sohn haben sich (hinter meinem Rücken!) darauf verständigt, ein Sous-vide-Gerät anzuschaffen. Dem Profi oder auch ambitionierten Hobbykoch sind diese Geräte (vor ein paar Jahren noch wirklich teuer, heute durchaus erschwinglich) längst ein Begriff, für alle anderen zitiere ich "Modernist Cuisine", das Kultbuch für alle technik-affinen Köche (Taschen Verlag): "Sous-vide-Garen ist einfacher, als der hochtrabende Namen vermuten lässt. Die Zutaten werden in einem Vakuumierbeutel (oder Einmachglas) versiegelt und in ein Wasserbad, einen Kombidämpfer oder ein anderes Gerät gegeben, in dem eine bestimmte Temperatur mit 1-2°C Abweichung gehalten werden kann. Sind die gewünschte Zieltemperatur und Garzeit erreicht, wird die Speise herausgenommen und vor dem Servieren kurz angebräunt oder anders veredelt. Das ist alles." Interessiert? Nun, das Internet ist ein Tummelplatz von Sous-vide-Freaks. Da finden sich jede Menge Detailinfos.
Eigentlich hätte ich ja als Sous-vide-Premierengericht ein dickes Steak erwartet: sous-vide auf Kerntemperatur gegart, dann mit einem Bunsenbrenner rundum gebräunt. Wer braucht da noch Pfanne oder Griller für ein Steak...? Aber siehe da, just unser Sohn (Fleischtiger vor dem Herrn) hat einen Oktopus vorgeschlagen. Da ließ sich mein Mann (großer Oktopus-Freund) nicht zweimal bitten und hat den Neuling in der Küche derart eingeweiht. Und weil das "Modernist Cuisine"-Kochbuch gerade zur Hand war, ist er auch dessen Vorschlag gefolgt, eine Paella statt langsam in der Pfanne, flott im Druckkochtopf zuzubereiten.
Und das Ergebnis? Wow, ich teile mir jetzt öfters einen Sonntag-Vormittag-Termin ein und lasse mich kulinarisch so überraschen. Der Oktopus war herrlich zart (warum haben wir das Gerät erst jetzt gekauft?) und die Paella sehr aromatisch.
Zutaten für 4 Personen
1 Oktopus mit ca.1,25 kg
1 kleiner Bund (Zitronen-)Thymian
1-2 Lorbeerblätter
2 EL Olivenöl
ein wenig Rapsöl
Zitronensaft
Salz und Pfeffer
3 EL Olivenöl
200g Fenchel, klein gewürfelt
1 mittelgroße Zwiebel, klein gewürfelt
2 Knoblauchzehen, gehackt
1 mittelgroße Karotte, klein gewürfelt
6 Piquilloschoten (Glas od. Dose); alternativ andere gegrillte Paprikaschoten (ca 100g)
200g Paella-Reis (ersatzweise Risottoreis)
125 ml Weißwein
500 ml Garsud vom Oktopus (alternativ Fisch- oder Gemüsefond)
1 Säckchen Safran
3 TL geräuchertes Paprikapulver
1 EL Thymianblättchen
Salz und Pfeffer
als Garnitur je 4 Scheiben gegrillter Fenchel und Piquilloschoten
Die Fangarme des Oktopus abtrennen und in einem Vakuumbeutel (wir haben uns mangels kochfester Vakuumbeutel mit einem Gleitverschlussbeutel beholfen) mit 2 EL Olivenöl, Salz, Pfeffer, Thymian und Lorbeerblatt (nach Wunsch auch 2 Zitronenscheiben) vakuumieren. Im Sous vide-Gerät bei 77°C 5 Stunden garen. *)
Die Fangarme aus dem Beutel nehmen, dabei den Garsud auffangen. Die Fangarme trocken tupfen und in einer sehr heißen Grillpfanne mit etwas Rapsöl rundum anbraten, sodass die Arme Grillspuren bekommen und leicht knusprig werden.
Für die Paella in einem Schnellkochtopf die Gemüsewürfel mit Olivenöl rund 3 Minuten anschwitzen, dann den Reis einrühren und weitere 2 Minuten garen. Wein und Garsud vom Oktopus bzw Fond eingießen, den Deckel des Druckkochtopfes aufsetzen, Druck aufbauen (1 bar) und 6 Minuten unter Druck garen. Vom Herd nehmen und Druck rasch abbauen (z.B indem kaltes Wasser über den Deckel laufen gelassen wird). Thymianblättchen, Safran und geräuchertes Paprikapulver einrühren und bei Bedarf noch 1-2 Minuten ohne Deckel weitergaren. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und vor dem Servieren kurz durchziehen lassen.
Pulpoarme mit Salz, Pfeffer und etwas Zitronensaft würzen, mit der Paella anrichten und mit gegrillten Fenchelscheiben und Piquillos garnieren.
*) das Oktopus-Rezept lässt sich freilich auch ohne dieses techn. Hilfmittel zubereiten. Dazu die Pulpoarme in ca. 3 Liter Wasser mit Gewürzen und Kräutern aufkochen und bei geringer Hitze rund 1,5 bis 2 Stunden sanft ziehen lassen. Und auch die Paella kann - ganz klassisch - in einer Pfanne am Herd oder im Backrohr zubereitet werden.
Beschäftige mich persönlich seit langem mit dem Prinzip des Vakuumgarens. Vielen Dank für den Beitrag, auf den ich per Zufall gestoßen bin. Denke ich werde das Rezept demnächst mal ausprobieren. Frage mich nur, wo ich den frischen Oktopus herbekommen soll? Der Weg zum Fischmarkt ist zu weit :(
AntwortenLöschenViele Grüße, Steffen
Hallo Steffen, selbst bei unserem bevorzugten Fischhändler (der den Großteil der Wiener Top-Gastronomie beliefert) ist Oktopus in der Regel nur tiefgekühlt erhältlich. Ich habe damit auch nie schlechte Erfahrungen gemacht. Habe auch schon mehrfach gelesen, dass bei TK-Pulpo die Gefahr, dass er nicht weich würde, geringer wäre (was bei der Sous-vide-Technik aber wohl ohnedies auszuschließen ist). Jedenfalls gutes Gelingen!
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Edith
Hallo Edith,
AntwortenLöschendann werde ich demnächst mal im Tiefkühlregal nachschauen oder unseren Fischhändler das nächste Mal fragen. Vielen dank für den Tipp. :-)
Beste Grüße, Steffen